Eigenkapital ist insbesondere in den letzten Jahren von enormer Bedeutung, wenn es darum geht, ob Banken eine Immobilienfinanzierung genehmigen oder nicht. Eine wachsende Anzahl von Kreditinstituten geht mittlerweile dazu über, ohne Eigenmittel keine Finanzierung zu genehmigen. Es hat natürlich gute Gründe, warum dem Eigenkapital eine große Bedeutung zugemessen wird. Daher möchten wir uns im Beitrag damit beschäftigen, welche Vorteile die Kreditinstitute, aber auch Sie als Kreditnehmer, bei einer möglichst hohen Eigenkapitalquote haben.
Was bedeutet Eigenkapital im Sinne der Bank?
Der Name Eigenkapital verrät bereits, worum es sich dabei handelt. Gemeint sind damit Guthaben, Vermögenswerte und finanzielle Mittel, die dem Kreditnehmer als sein Eigen zur Verfügung stehen. In der Praxis gibt es mehrere Formen von Eigenkapital, insbesondere:
- Guthaben auf Bankkonten
- Bargeld
- Wertpapiere
- Edelmetalle
- Sonstige Vermögenswerte
Insbesondere bei sonstigen Vermögenswerten müssen Sie allerdings differenzieren. Nicht sämtliches Vermögen kann auch als Eigenkapital in die Baufinanzierung eingebunden werden. Haben Sie zum Beispiel andere Immobilien, können oder möchten diese jedoch nicht veräußern, würde das nicht zum Eigenkapital zählen. Eine weitere Variante sind Eigenleistungen am Bau, die Sie eventuell im Rahmen der Baufinanzierung einbringen können. Diese werden von Kreditinstituten bis zu einem gewissen Prozentsatz ebenfalls als Eigenkapital gewertet.
Warum ist den Banken das Eigenkapital so wichtig?
Der rechtliche Hintergrund dafür, dass den Kreditinstituten Eigenkapital heutzutage sehr wichtig ist, ist eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2016. Diese fordert Kreditinstitute dazu auf, noch mehr Wert als damals üblich auf die Bonität des Kunden zu legen, wenn es um die Entscheidung geht, ob ein Kredit vergeben wird oder nicht. Die Banken wiederum machen die Bonität ihrer Kunden vorrangig an den folgenden Eigenschaften fest:
- Solides Einkommen in fester Anstellung
- Kein negatives Schufa-Merkmal
- Ausreichend hohes, frei verfügbares Einkommen
- Ausreichendes Eigenkapital
Vor der EU-Richtlinie war es oftmals so, dass die Banken eine Baufinanzierung allein aufgrund der Tatsache zur Verfügung gestellt haben, dass genügend Sicherheiten vorliegen. Üblicherweise werden Immobilienkredite ohnehin mit einer Grundschuld abgesichert. Seit der Richtlinie sind die Kreditgeber jedoch dazu angehalten, mehr Wert auf die persönliche Bonität zu legen. Exakt deshalb spielt das Eigenkapital heute eine große Rolle.
Welche Vorteile haben Banken von mehr Eigenkapital?
Der Vorteil der Banken liegt auf der Hand, wenn Kunden mehr Eigenkapital haben. Umso höher nämlich die Eigenkapitalquote ist, desto weniger Fremdfinanzierung wird benötigt. Damit wiederum geht die Bank mit der Vergabe des Immobilienkredites ein geringeres Risiko ein. Nehmen wir dazu an, dass ein Kunde keinerlei Eigenmittel besitzt und ein Haus für 350.000 Euro kaufen möchten. Dies ist exakt der Verkehrswert des Objektes.
Die Bank müsste nun nicht nur die 350.000 Euro an Kaufpreis finanzieren, sondern ebenfalls die Kaufnebenkosten. Diese liegen im Beispiel bei 40.000 Euro. Das bedeutet, dass der Kunde ein Immobiliendarlehen über 390.000 Euro benötigen würde, die Bank aber maximal 350.000 Euro als Grundschuld eintragen könnte. Mehr noch: De meisten Kreditinstitute tragen die Grundschuld nicht bis zum Kaufpreis ins Grundbuch ein, sondern machen einen Abschlag zwischen mindestens 20 und 30 Prozent. Das bedeutet, die Rechnung würde in dem Fall wie folgt aussehen:
- Kaufpreis der Immobilie: 350.000 Euro
- Kaufnebenkosten: 40.000 Euro
- Gesamtfinanzierungsbedarf: 390.000 Euro
- Wert der Immobilie: 350.000 Euro
- Absicherung durch Grundschuld: ca. 280.000 Euro
In dem Fall würde die Bank tatsächlich 110.000 Euro mehr finanzieren, als sie als Sicherheit hat. Das bedeutet natürlich ein enormes Risiko. Würde nun dieser Differenzbetrag seitens des Kunden durch Eigenkapital abgedeckt werden, wäre das ein großer Pluspunkt. Das Risiko der Bank würde sich damit deutlich reduzieren. Exakt aus diesem Grund gehen immer mehr Kreditinstitute dazu über, ohne eine bestimmte Eigenkapitalquote gar keine Baufinanzierung zu vergeben.
Welche Vorteile hat der Kunde durch mehr Eigenkapital?
Die Vorteile für den Kreditnehmer, welche dieser aufgrund einer guten Eigenkapitalquote hat, ergeben sich im Prinzip daraus, dass die Bank bei mehr Eigenmitteln weniger Risiko trägt. In erster Linie nennen Experten die folgenden drei Vorzüge, die Eigenmittel in der Baufinanzierung für den Kreditnehmer haben:
- Stabilere Finanzierung
- Günstigerer Zins
- Höhere Wahrscheinlichkeit der Kreditzusage
Lassen Sie uns etwas näher auf diese Punkte eingehen. Die größere Stabilität der Finanzierung ergibt sich bei mehr Eigenkapital schlichtweg daraus, dass weniger Fremdkapital benötigt wird. Daraus wiederum resultiert eine geringere Monatsrate, sodass dem Kunden mehr frei verfügbares Einkommen übrig bleibt. Das wiederum bedeutet, dass Rücklagen gebildet werden können und bei nicht vorhersehbaren Ausgaben nicht sofort das Risiko besteht, dass diese nicht gedeckt werden können.
Günstigerer Bauzins
Ebenfalls vorteilhaft ist, dass Banken aufgrund des geringeren Risikos bei einer Finanzierung mit Eigenkapital dazu bereit sind, einen günstigeren Zinssatz als bei einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital zu offerieren. Dies kann durchaus zu einer enormen Ersparnis seitens des Kreditnehmers führen. Nehmen wir dazu an, dass ein Kreditinstitut seinen Kunden eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital zu einem Zins von 4,9 Prozent bei einer Darlehenssumme von 300.000 Euro anbietet. Das würde für den Kreditnehmer eine Zinsbelastung im ersten Jahr in Höhe von 14.700 Euro bedeuten.
Einem anderen Kunden stellt das Kreditinstitut einen deutlich günstigeren Zinssatz mit 3,8 Prozent zur Verfügung, weil dieser über eine Eigenkapitalquote in Höhe von 20 Prozent verfügt. Das bedeutet, dass dieser Kunde bei ebenfalls 300.000 Euro Darlehenssumme im ersten Jahr Zinsen in Höhe von insgesamt 11.400 Euro zahlen müsste. Das wiederum führt zu einer jährlichen Zinsersparnis von mehr als 3.000 Euro. Hinzu kommt die noch deutlich geringere Monatsrate, die aufgrund des geringeren Zinssatzes entsteht.
Höhere Wahrscheinlichkeit der Kreditzusage
Der dritte Vorteil des Eigenkapitals für den Kunden ist, dass die Wahrscheinlichkeit einer Kreditzusage mit Eigenkapital deutlich höher als ohne Eigenmittel ist. Es gibt mittlerweile sogar manche Kreditgeber, die ohne jedes Eigenkapital überhaupt keine Baufinanzierung mehr zur Verfügung stellen. Anders ausgedrückt: Immer mehr Kreditinstitute nehmen die sogenannte Vollfinanzierung aus ihrem Programm. Je mehr Eigenkapital Sie hingegen einbringen können, desto höher ist auf der anderen Seite die Wahrscheinlichkeit, dass die Bank Ihren gewünschten Immobilienkredit genehmigen wird.
Vollfinanzierung oder einige Jahre warten?
In nicht wenigen Fällen haben Kreditsuchende noch keine Gelegenheit gehabt, um Eigenkapital einzusparen. Das trifft zum Beispiel auf die folgenden Kundengruppen zu:
- Berufseinsteiger und Auszubildende am Ende der Ausbildung
- Junge Familien im Alter zwischen 20 und 30 Jahren
- Menschen mit geringerem oder maximal mittlerem Einkommen
Oft sind es junge Erwachsene, die einfach noch bisher keine Gelegenheit hatten, Eigenmitteln anzusammeln. Dann stellt sich die Frage, ob diese lieber noch mit der Baufinanzierung warten sollten oder sich um eine Vollfinanzierung kümmern. Wie so oft, kommt es auch in dem Fall auf individuelle Faktoren an. Kann und möchte man mit dem Hauskauf oder Hausbau noch einige Jahre warten, ist es sicherlich die cleverere Lösung, dies auch zu tun. Der Hauptgrund ist, dass Sie bei einer Vollfinanzierung deutlich mehr Zinsen als bei einer Baufinanzierung mit Eigenkapital zahlen müssen.
Ist der Erwerb des Immobilieneigentums jedoch – aus welchen Gründen auch immer – sehr dringend, wäre es auf der anderen Seite die bessere Lösung, sich um eine Vollfinanzierung zu bemühen. Allerdings sollten beiden Fällen einige Faktoren und Punkte abgewogen werden, was im Einzelfall die optimale Lösung darstellt.